Angebot und Nachfrage bei Düngemitteln: ein globaler Markt

Dem steilen Anstieg der Düngerpreise im Zeitraum 2007-2009 folgte ein abrupter Rückgang infolge der Wirtschaftskrise. Die starken Ausschläge unterstreichen die von der gesamten Branche beobachtete Volatilität.

Diese kann als Kombination struktureller und konjunktureller Faktoren erklärt werden, wirft aber bei Landwirten einige Fragen auf: Wer sind die Akteure auf diesem weltweiten Markt? Wie sind die Preisschwankungen zu erklären? Sind sie vorhersehbar?

 

Ein empfindliches Gleichgewicht

Die Preise von Düngemitteln und Nahrungsmitteln sind im Wesentlichen das Ergebnis des Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage auf einem inzwischen globalen Markt. Dieses Gleichgewicht ist derzeit empfindlich wie noch nie. Die hohe Volatilität bei den Preisen von landwirtschaftlichen Produkten und Rohstoffen wie zum Beispiel Düngemitteln (siehe Abbildung 2) spiegelt die angespannte Situation der weltweiten Nahrungsmittelproduktion wider. Außerdem steht die Entwicklung von Preisen für Düngemittel und Nahrungsmittel zunehmend in einer Wechselbeziehung zur globalen Wirtschaftslage. Landwirte sind diesem neuen Wirtschaftsgefüge verstärkt ausgesetz. 

 

Nachfrage nach Düngemitteln

In Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien steigt die Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Energie stetig. Diese Tendenz wird durch die steigende Nachfrage nach proteinreichen Nahrungsmitteln verstärkt. Daraus ergibt sich ein Anstieg der Fleisch- und Milchproduktion, die unausweichlich zu einer höheren Nachfrage nach Getreide führt. Diese allgemeine Tendenz wird von zahlreichen Industrieländern durch die Förderung von Biotreibstoffen weiter verschärft. In den letzten zehn Jahren ist die globale Nachfrage nach Lebensmitteln (Verbrauch) schneller gestiegen als das Angebot (Produktion). Im gleichen Zeitraum reduzierten sich die globalen Bestände um durchschnittlich die Hälfte. Im Zuge der steigenden landwirtschaftlichen Produktion folgte die Nachfrage nach Düngemitteln demselben Trend.

Der Preisanstieg bei Stickstoff-Düngemitteln wird in der Regel von einem gleichzeitigen Anstieg der Getreidepreise begleitet. Die Kosten für Stickstoff-Düngemittel stellen nur einen kleinen Teil des landwirtschaftlichen Bruttoerlöses dar.

Die Preise für Gas, Ammonium-Nitrat (AN) sowie der FAO Food Price Index (FFPI) folgen demselben Trend. Der FFPI basiert auf den durchschnittlichen Weltmarkt-Preis für fünf Produktgruppen (Fleisch, Milchprodukte, Getreide, Öle/Fette & Zucker).

 

Angebot von Düngemitteln

In den vergangenen dreißig Jahren war die Düngemittelindustrie weltweit eher von Überhängen geprägt. Heute kann das Angebot jedoch wegen zunehmendem Bedarf, fehlenden Investitionen und globalisierten Märkten kaum noch mit der Nachfrage Schritt halten. Der Preis für Stickstoffdünger wird vom Markt für Ammoniak (NH3) wesentlich mitbestimmt, einem Zwischenprodukt der Düngerherstellung. Für die Ammoniakproduktion sind wiederum große Mengen Erdgas erforderlich. Letztlich macht Erdgas mehr als 50 % des Herstellungspreises von Stickstoffdünger aus. Die Volatilität der Erdgaspreise erhöht die Spannungen auf Seiten der Düngemittelproduktion: Kurzfristig werden bei steigenden Erdgaspreisen manche Produktionsstätten geschlossen. Langfristig sinkt die Rentabilität von Produktionsstätten, was zu einem Rückgang der Investitionen in neue Produktionskapazitäten führt. Niedrige Erdgaspreise sind ein wichtiger Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Düngemittelindustrie. Daher werden in den letzten Jahren viele Produktionsstätten für Mineraldünger in Ländern mit billigem Erdgas gebaut wie z.B. Iran, Qatar und Nordafrika. Allerdings führt die größere Entfernung der Produktionsstätten zusammen mit geopolitischer Instabilität zu Unsicherheiten bei der Produktion und der Beschaffung, was wiederum die Volatilität fördert.  

 

Gibt es genug Wettbewerb?

Zahlreiche Lieferanten aus aller Welt teilen sich den Markt für Stickstoffdünger. Einer der bedeutendsten Produzenten ist Yara, aber selbst Yara steht für nur 6 % der weltweiten Stickstofflieferungen. Die große Zahl der Lieferanten auf dem Markt stellt sicher, dass die Preise durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden. Die auf dem Markt beobachtete Volatilität zeigt zudem, dass die Preise nicht kontrollierbar sind, sondern der Marktdynamik unterliegen.

 

Aber wie steht es mit der Spekulation?

Angesichts der strukturellen und konjunkturellen Spannungen stellt sich die Frage der Spekulation. Die Marktwerte basieren in der Tat nicht mehr ausschließlich auf dem Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, sondern entwickeln sich exponenziell. Beispiel: Wenn weniger als 10 % der Weltproduktion auf den globalen Rohstoffmärkten gehandelt werden, führt ein 2-prozentiger Produktionsrückgang hauptsächlich zu einer Verringerung des Exports, was bei den global gehandelten Volumen einen Fehlbestand von 20 % erzeugt! Die Volatilität ist also in erster Linie eine Folge des Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage, wird aber durch die Globalisierung der Märkte weiter verschärft. Finanzinstrumente können diese Volatilität verstärken oder dämpfen. Sie wurden ursprünglich geschaffen, um das in der Landwirtschaft tatsächlich vorhandene Risiko (schlechte Erträge, Preisverfall) abzusichern, und waren auf die Stabilisierung der Preise ausgerichtet. Die aktuellen Finanzinstrumente sind von der aktuellen Produktion jedoch weitgehend abgekoppelt. Kurz gesagt wird Volatilität durch Marktengpässe verursacht, die ihrerseits spekulative Aktionen begünstigen.