Warum verflüchtigt sich Harnstoff?

Harnstoff im Boden muss in Ammonium (NH4 +) und Nitrat (NO3-) umgewandelt werden, bevor Pflanzen ihn aufnehmen können.

Der Harnstoff muss im Boden zunächst in Ammonium (NH4+) und Nitrat (NO3- ) umgewandelt werden, bevor er von den Pflanzen aufgenommen werden kann. Die Umsetzung von Harnstoff zu Ammonium wird von einem Bodenenzym, der Urease, gesteuert. Da für den Prozess ebenfalls Feuchtigkeit erforderlich ist, spricht man von Hydrolyse. Während der Hydrolyse steigt der pH-Wert des Bodens um die Harnstoffgranulate vorübergehend an. Dadurch verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen gelöstem Ammonium (NH4+) und gasförmigem Ammoniak (NH3) zugunsten des Ammoniak, was einen hohen Stickstoffverlust durch Verflüchtigung zur Folge hat (Abbildung 1). Bei Nitratdüngern hingegen kommt es zu keiner Hydrolyse. Damit sind diese Düngemittel wesentlich weniger anfällig für Ammoniakverluste (Abbildung 2). Die Verluste setzten in der Regel innerhalb von zwei Tagen nach der Harnstoffgabe ein (Abbildung 4). Immer dann, wenn der Harnstoff nicht oder nur unzureichend in den Boden eingearbeitet werden kann, steigen die Ammoniak Verluste. Aber auch höhere Temperaturen, Wind, hohe pH-Werte des Bodens, leichte Sandböden und die Ausbringung auf Grünland begünstigen die NH3-Emissionen.

 

Verluste durch Verflüchtigung

 

Warum ist Verflüchtigung ein Problem?

Die Ammoniakverflüchtigung bringt ein zweifaches Problem mit sich:

  • Zum einen bedeutet dies den direkten Verlust von Stickstoff und damit finanzielle Einbußen. Die Verluste bei einer Harnstoffgabe belaufen sich auf 6 bis 47% des gedüngten Stickstoffs, während sie bei Nitratdüngern zu vernachlässigen sind. Die Verluste bei einer AHL-Gabe liegen irgendwo dazwischen. Die Europäische Umweltagentur hat einen Emissionsfaktor von 19,9 % für Harnstoff, 10,8 % für AHL und 3,0 % für AN veranschlagt [2]. Verluste durch Verflüchtigung sind schwer vorhersehbar und daher kaum wirksam auszugleichen. Sie hängen von diversen Umgebungsparametern ab. Den größten Einfluss hat jedoch die Stickstoffform.
  • Zum anderen stellt Ammoniak in der Luft eine Belastung für die Umwelt dar. Ein Großteil des in die Atmosphäre abgegebenen Ammoniaks stammt aus der Landwirtschaft. Er verbreitet sich über Landesgrenzen hinweg und verusacht eine Versauerung und Eutrophierung von Boden und Wasser durch die Ablagerung von Ammonium (NH4+). Ausdiesem Grund strebt die Europäische Union eine Reduzierung der Ammoniakemissionen an und hat landesspezifische Emissionshöchstwerte vorgeschrieben.
  • Der Ammoniak in der Luft reagiert mit anderen Substanzen, wobei feine Partikel entstehen. Dieser Feinstaub beeinträchtigt die Luftqualität und stellt ein Gesundheitsrisiko dar, insbesondere für Kleinkinder, Asthmatiker und Menschen mit Ateminsuffizienz. Die Europäische Stickstoffbewertungsgruppe [3] hat die sozialen Kosten für Gesundheitsschäden aufgrund von Ammoniakemissionen auf 9,5 € / kg NH3 und für Schäden an Ökosystemen auf 2 € / kg NH3 geschätzt. Pro Jahr könne mehr als 100g NH3 pro Tonne Harnstoff in die Atmosphäre entweichen. Damit erhält die europaweite Begrenzung der Ammoniakemissionen absolute Priorität.

Beste landwirtschaftliche Praxis

Im Hinblick auf eine Optimierung der landwirtschaftlichen Praxis wird u. a. versucht, den Ammoniakverlust durch verschiedene Maßnahmen einzugrenzen. Am effizientesten erweist sich die Verwendung von Nitratdüngern an Stelle von Harnstoff oder AHL. Auch durch Teilgaben lässt sich die Verflüchtigung reduzieren. Die Einarbeitung des Harnstoffs in den Boden direkt nach der Ausbringung ist ebenfalls überaus wirksam, lässt sich jedoch oft nur schwer umsetzen. Die nachstehenden Bedingungen erhöhen das Risiko von Verflüchtigung.Wenn auch nur eine dieser Bedingungen gegeben ist, sollte die Gabe von Harnstoff oder AHL ernsthaft überdacht werden.

  • Ankündigung eines heißen und windigen Wetters ohne Niederschläge für den Zeitpunkt der Ausbringung.
  • Grünland oder Felder mit vielen Pflanzenrückständen (z.B. reduzierte Bodenbearbeitung), die den Ammoniakverlust fördern.
  • Basische Böden oder Böden mit niedriger Pufferkapazität (sandige Böden), die vorübergehend pH-Spitzenwerte erzeugen.

 

Nitratdünger - der Maßstab der Effizienz

Ureaseinhibitoren reduzieren die Ammoniakverluste, die bei harnstoffbasierten Düngemitteln auftritt. Wenn für die N-Düngung nur Harnstoff oder AHL zur Auswahl stehen, lassen sich durch Ureaseinhibitoren deshalb die Umweltauswirkungen und die agrarökonomischen Ergebnisse verbessern. In Sachen Streugenauigkeit, Wirkungssicherheit und Umweltverträglichkeit gelten Nitratdünger jedoch nach wie vor als der Maßstab.